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Eldoret Crashkurs 2001

 

Komisch. Alles viel moderner, als ich anfangs dachte. Da bin ich: Eldoret International Airport. Gestern Abend in Berlin, dann Amsterdam. Europa. In der warmen Frühe Nairobis musste ich gleich feststellen, dass der Anschlussflug in die kenianische Läuferhauptstadt schon weg war. Die Politiker an Bord wollten los.

Jetzt suche ich Phyllis Keino in der Flughalle, Ehefrau von Kip Keino. Kip, Qlympiasieger von Mexiko City und München, ist seit kurzem Präsident des NOKs Kenias. Auf seiner Farm wird gerade ein Trainingszentrum eingerichtet, unterstützt vom IOC und IAAF. Kurze Begrüßung mit Phyllis. Wenig später sitz ich im Toyota-Geländewagen und schau mir das bunte Treiben entlang der Strasse an. Das ist also Afrika, denk ich mir so und versuche meine Erwartungen mit dem um mich herum in Einklang zu bringen. Wie wahrscheinlich andere auch hatte ich so’n Bild von Afrika im Kopf. Meines war realtiv naiv.

>Warum nach Kenia?

Die „Wunder“läufer aus Kenia. Schon mit 15 war ich faziniert von der Idee mal hier zu trainieren. Von wem lernen, wenn nicht von den Besten? Einige Freunde fanden es unrealistisch und meine Eltern waren verständlicherweise nur bedingt für meinen Keniatrip zu begeistern. Warten. In den Laufzeitschriften gab’s in regelmäßigen Abständen Berichte über die ostafrikanischen Läufer. Schon lustig: drei Trainingeinheiten pro Tag, immense Umfänge mit noch unglaublicheren Intensitäten. Als Nachwuchsläufer bekam ich da schon allein vom Lesen Schweißperlen auf der Stirn. Wie halten die sowas aus??

Das Jahr 2000 war solide: neue Bestzeiten und bei den Deutschen auf der Strasse Neunter und über 1500m auf der Bahn im Endlauf. Bald werde ich achtzehn. Für mich Argument genug, meine Idee in ein Flugticket einzutauschen. Der Plan: Verlängerung der Schulferien um eine Woche. April 2001. Vier Wochen Kenia pur.

>Eldoret

Eldoret durchquert, ging es auf der asphaltierten Strasse weiter Stadt auswärts. Dann über zwei Kilometer unbefestigter Buckelpiste vorbei an einer Grundschule. Die Farm der Keinos sieht größer aus, als auf den Photos. Mein Zimmer ist einfach gehalten, aber durchaus bequem. Beim Abendessen lerne ich endlich die anderen Athleten des Höhentrainingszentrums kennen. Simret Sultan und Ali Abdallah aus Eritrea, Philemon Tanui, David Karonei und Ezekiel Kemboi aus Kenia. Das Camp ist noch jung. Mit dabei als Coach ist der sympathische 800m-Olympiasieger von 1988, Paul Ereng.

>Erste Trainingseinheit

Noch stockduster draußen. Die anderen Athleten sind kaum zu erkennen. Es geht los. Die erste Einheit mit den Kenianern. Der unebene Boden ist nur schwer auszumachen. Ruhe. Alle sind müde. Wie lange laufen wir? Vor allem, wie schnell? Lockere vierzig Minuten, meint Kemboi. Und in der Tat: das Tempo bleibt sehr moderat, fast schon überraschend langsam. Obwohl ich die 2100m Höhe im Moment nicht spüre, bin ich erleichtert, dass keiner in der Gruppe die Morgeneinheit in einen Tempodauerlauf verwandelt. Es fühlt sich gut an, ich komme mit. Schnell geht die Sonne auf und wir sind zurück auf der Farm. Philemon macht noch ein paar Koordinations- und Dehnübungen vor, die wir nachmachen. So endet meine erste Einheit mit den Kenianern. Was die Einheit angeht: Nichts Spektakuläres.. 

Fortsetzung folgt...

Nils Grote