Bunert Running Team Dortmund
///Bunert Running Team: "Spaß an der Sache" heißt die Zauberformel
Es wäre nicht verwunderlich, wenn ich den Namen LG Olympia Dortmund in den Raum werfen würde, dass der Großteil der Leser eine gewisse Sina Schielke vor Augen hätte. Ja, Sina Schielke ist für viele Grund genug Leichtathletik zu schauen. Schaut man aber weiter, fragt sich, wie die Mittel- und Langstreckler der LGO Dortmund - beispielsweise ein Steffen Co, ein Ansgar Varnhagen oder seit neustem ein Frederik Töpel - trainieren, organisiert sind, betreut werden oder ganz einfach nur Erfolg haben, der muss sich einmal das Bunert-Running-Team anschauen. Dies habe ich getan, sodass ich hoffe, Antworten auf all die Fragen in den nun folgenden Zeilen geben zu können.
>als alles begann...
Die Entstehung dieses Teams ist auf die finanziell schwierige Lage der LG Olympia Dortmund zurückzuführen. Wollte man doch die Mittel- und Langstreckenabteilung nicht mehr fortführen, die wenigen finanziellen Mittel mehr in die bekannteren und vielversprechenderen Disziplinen, wie den Sprint, investieren. Das brachte den Mitgliedsverein TSC Eintracht - speziell Jörg Lennardt - auf die Idee, diese Abteilung doch auf eigene Füße zu stellen. Gesagt getan: Im Jahre 2002 war das evivoCard Eintracht Running Team geboren. Die entsprechende Website www.running-high.de war schnell online und hat dem Team bis heute auch schon den ein oder anderen Athleten beschert. Tobias Dertmann gilt hier der Dank für diese übersichtliche und informative Webpräsenz.
>Der Trainer...
Pierre Ayadi (Bild) ist der Trainer, er spricht mit Begeisterung, mit Freude und mit Überzeugung, wenn er von seinem Laufteam aus Dortmund erzählt. Er gehört nicht zur alten Garde der Trainer letzterer Generationen, man merkt ihm an, dass er noch halb Athlet ist, dass er einer neuen, positiv gestimmten Generation angehört. Pierre Ayadi ist noch nicht all zu lange als Trainer im Geschäft - seit 4 Jahren -, doch wenn er erzählt, hat man nicht den Eindruck, dass da ein Grünschnabel sitzt, der noch nichts vorzuweisen hat, Pierre Ayadi trägt Stolz in seinen Worten. Er übernahm 2000, als er noch Athlet war, die "Mädels der LGO" und konnte schnell Erfolge durch Sabine Knothe vorweisen, was ihn veranlasste seine läuferischen Ambitionen zurückzustecken. So konnte der Sportstudent nun auch das Männerteam übernehmen, was damals noch 6 bis 7 Athleten umfasste. Es ging damit schnell bergauf: 2002 wurde die Staffel mit Varnhagen, Co und Dertmann deutscher Vizemeister, ein Jahr später durften sie in leistungsmäßig eigentlich schwächerer Besetzung mit Schulte, Varnhagen und Co ganz oben aufs Treppchen steigen - der bis dato größte Erfolg: Deutscher Meister in Fulda 2003. Das beeindruckt, wenn man noch von weiteren 10 Medaillen bei Deutschen hört; das ist der sportliche Aufstieg des Pierre Ayadi und seinen Athleten.
>...und seine Athleten
Wenn Pierre Ayadi von Athleten spricht, die der
Vergangenheit angehören, merkt man, dass es ihm weh tut, dass sie nicht mehr in
seiner Gruppe sind. So war das einstige weibliche Aushängeschild Sabine Knothe
(Jahrgang 1983) schon bei einer Junioren EM dabei, wollte aber anschließend ihr
Stipendium in den USA wahrnehmen und studiert nun schon seit 2 Jahren in
Washington D.C..
"Sie trainiert viel
härter als hier" sagt Ayadi "doch sie kommt mit dem amerikanischen
System einfach nicht zurecht". Eine 2:48min über 1000m aus diesem Jahr
lassen jedoch wieder hoffen. Ebenfalls wegen dem Studium hat der mehrmaligen
Medaillengewinner, Junioren- und U23-EM Teilnehmer Tobias Dertmann (Jahrgang
1978) seine Laufkarriere an den Nagel gehängt. Ihn zog es nach Berlin - 1:47min
über 800m lässt er zurück.
Doch Pierre Ayadi ist nicht einer, der deswegen
den Kopf in den Sand steckt. Gilt es doch den Fokus auf die jetzigen Athleten zu
richten. Da gilt es Steffen Co (Jahrgang 1977) (Bild rechts bei den Deutschen in
Fulda), den deutsche 800m
Vizemeister von 2002 in der Halle, an oberster Stelle zu nennen. Der aus Siegen
kommende Athlet kann mit einer 1:48,00min über 800m aufwarten. Ansgar Varnhagen
(Jahrgang 1979) (Bild unten rechts) hingegen ist mehr auf den längeren Strecken daheim, seinen
Seitensprung zur Mittelstrecke ist auf zeitliche Knappheit zurückzuführen. So
hat er zu dieser Zeit noch eine Ausbildung
zum Elektrotechniker gemacht und konnte daher nur 7 Trainingseinheiten die Woche
absolvieren. Gerade genug um auf den Mittelstrecken gut dabei zu sein. Seit
Oktober letzten Jahres studiert Varnhagen E-Technik und hat somit mehr Zeit sich
dem zeitaufwändigeren Langstreckentraining zu widmen. Das entspricht für ihn 9
bis 10 Einheiten, was in der letzten Hallensaison schon einen Sprung von 8:20
auf 8:11 über 3000m ausgemacht hat. In ähnlichen Zeitregionen ist auch der
19-jährige Neuzugang Frederik Töpel zuhause. Das ist kein Zufall, denn es gibt
nicht so viele Trainingspartner die diese Zeiten laufen. Daher hat es den
ehemaligen deutschen B-Jugendmeister über 10km nach Dortmund in Ayadis Gruppe
gezogen. Dort befindet er sich nach vielen Verletzungsproblemen seit 7-8 Wochen
wieder im Auftrieb. "31:30 trau ich ihm im Moment über die 10000m zu"
so Ayadi. Gemessen an seiner Bestzeit von 30:51,79min muss man dem Abiturienten
noch etwas Zeit einräumen. Eine optimale Betreuung mit 2 bis 3
Krankengymnastikeinheiten soll ihn in Zukunft vor Verletzungen bewahren.
Robert Schulte (Jahrgang 1978) als Staffelmeister von Fulda sowie der
Nachwuchsmann Dominic Kahre, der diese Jahr in den deutschen D/C Kader berufen
wurde sprechen für die Qualität dieses Laufteams.
>Training...
Die Bedingungen für das Gruppentraining
könnten in Dortmund kaum besser sein. Dort bieten sich die
"Helmut-Körnig-Halle", mit einer 200m Rundbahn, und das Stadion
"Rote Erde", mit acht 400m Rundbahnen, als optimale Orte für
Tempoläufe an. Doch Pierre Ayadi ist nicht unbedingt ein Freund des roten Runds:
"Da muss man aus belastungstechnischer Sicht schon gewaltig aufpassen, vor
allem in der Halle." doch fügt er hinzu "es ist klar ein Vorteil, den
wir auch nutzen müssen, so ist es nicht verwunderlich, dass der Steffen sein
größten Erfolg bisher in der Halle feiern konnte."
Als Alternative zur
Bahn kann die Gruppe auf einen nahegelegenen Park zurückgreifen, wo gerade in
der Vorbereitung die Tempoeinheiten hinverlegt werden. "Wir machen viel im
Park, jetzt vor kurzem zum Beispiel haben wir 3 bis 5 Mal 2000m gemacht. Die
1500m Läufer machen dann halt drei und die Langstreckler fünf Läufe." Pierre Ayadi
weiß genau was seine Athleten trainieren müssen um Erfolg zu haben. So wird
der 2-wöchentliche Trainingsplan entsprechend individuell ausgearbeitet.
Grundlage hierfür ist eine Leistungsdiagnostik, die jeder Athlet bis zu vier
Mal im Jahr bei MEDISPORT
wahrnehmen kann. Dort wird dann das entsprechende Dauerlauftempo bestimmt, die
Tempoläufe orientieren sich in der Regel am Wettkampftempo. Wenn Pierre Ayadi
das erzählt, hat man nicht das Gefühl, dass er da irgendetwas verschweigt, er
weiß, dass Erfolg mit gezieltem Training überall erreichbar ist. So sagt
Pierre Ayadi über seine Philosophie: "Jeder Athlet soll aus seinen
Möglichkeiten das beste rausholen."
Zusammen
trainieren kann die Gruppe je nachdem zwischen 2 und 4 Mal die Woche,
da es sicher auch eine finanzielle Sache ist,
wo doch viele Athleten von Auswärts
kommen und zwischen einer und einer halben Stunde Autofahrt einrechnen müssen.
Das ist aber kein Problem wie es scheint, alles eine Frage der Koordination.
Es läuft daher viel über E-Mail. "Ich leg auch nicht so viel Wert auf Vereinszugehörigkeit, es kommen auch
ein paar Athleten von den Nachbarvereinen um mit uns zu trainieren." gibt
Ayadi locker preis. Schließlich bringt dies jedem etwas, wenn die
Trainingsgruppe größer wird.
Auch ist zu
erfahren, dass, wenn die beiden Aushängeschilder Co und Varnhagen zwei
Trainingseinheiten am Tag auf dem Programm haben, dies selten zwei Laufeinheiten
sind. Viel Rad, Aquajogging und andere semispezifische Einheiten bilden
hier den Ausgleich. Ausgleich, oder besser: eine gute Atmosphäre ist Ayadi
auch sehr wichtig: "Da achte ich schon drauf. Und auch wenn ein guter Athlet
einfach nicht in die Gruppe passt, muss man eben die Notbremse ziehen, damit
dass Team wieder harmoniert." Da ist Spaß ein Faktor der im
Bunert-Running-Team ganz groß geschrieben wird. "Man feiert auch
Geburtstage zusammen und geht in der Saisonpause auch mal zusammen weg."
offenbart der Trainer die Aktivitäten außerhalb des Laufens. Das nimmt man ihm
ab, denn Pierre Ayadi ist kein knallharter Vorgesetzter, ist kein
Traineroffizier.
>Finanzielles...
Der Haupsponsor evivoCard hat sich, wegen einer Umstrukturierung, schnell wieder zurückgezogen. Folglich fehlt dem Team nun ein Hauptsponsor, "doch bei der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage darf man sich da nicht allzu viele Hoffnungen auf Sponsoren machen" gibt Ayadi nüchter zu. Trotzdem wird das Team von der EXPERCONSULT in kleinem Rahmen, z.B. Trainerhonorar oder Busfahrten zu Wettkämpfen, finanziell unterstützt. Ausrüstung bekommt das Team vom, an MEDISPORT anschließenden, Laufgeschäft BUNERT. Hierbei wird den erfolgreichen Athleten über ein "Puma Talent Team" Ausrüstung zur Verfügung gestellt. Da ist Ansgar Varnhagen gut dabei, hat er doch schon zum zweiten Mal den Silvesterlauf in Soest gewonnen. "Das sieht ein Ausrüster gern, das zählt mehr als eine Silbermedaille bei Deutschen" sagt Ayadi. Steffen Co hingegen wird von einem LEX Laufgeschäft in Siegen richtig gut mit Puma unterstützt. Trainingslager zahlt jeder selbst. "Da kann man zur LGO kommen und schon deutsche Medaillen vorweißen, die zahlen erst, wenn man im LGO Trikot Erfolg hat." sagt der Trainer. So wird Co und Varnhagen auch noch vom Verein ein wenig unterstützt, vieles beruht aber dennoch auf Individualismus. Da bleibt der Trainer auch Realist: " Wenn man wirklich mit dem Laufen Geld verdienen will muss man schon auf internationaler Ebene erfolgreich sein." Man ist in Dortmund nicht unzufrieden, will gesagt sein!
>Ziele, Aussichten...
Als ungefähre Zielvorgabe gilt jede Saison die deutsche Quali, was aber nicht heißt, dass voll auf diese trainiert wird. Vielmehr sollen die Athleten zum Saisonhöhepunkt und nicht zur Quali Bestform zeigen. Dies gilt natürlich nicht für alle, ist das Leistungsprofil der gesamten Gruppe doch zu unterschiedlich. Frederik Töpel will wieder Richtung 10000m Quali für die Junioren WM in Grosette laufen, ansonsten einen schnellen 5000er hinlegen.
Wir sehen, dass nicht immer der Großverein dazu nötig ist um Erfolg zu haben. Ein qualifizierter Trainer, ein paar kleinere Förderer, gute Trainingsbedingungen und laufbegeisterte Athleten und Athletinnen reichen eigentlich schon aus. Das ist die Rezeptur des Bunert-Running-Team. Ich wiederhole: 12 Medaillen bei Deutschen in vier Jahren. Es erfreut, wenn man sieht, dass dort mit Spaß, Freude und Begeisterung klasse Läufer an die Spitze herangeführt werden, es erfreut, dass da eine neue Trainergeneration nachkommt, die nicht minder erfolgreich ist. Und dass die Gruppe mit der Zeit geht ist klar, fliegen sie dieses Jahr doch das erste Mal mit dem Flugzeug nach Cesenatico, ins alljährliche Trainingslager. Das passt ins Bild, man kennt hier das Wort "konservativ" gar nicht. Und wer jetzt immer noch Sina Schielke vor Augen hat sollte sich fragen, ob er wirklich an Leichtathletik interessiert ist.
>Athleten: Steffen Co, Ansgar Varnhagen, Frederik Töpel, Robert Schulte, Marvin van Eylen, Daniel Fehrle, Angela Scherz, Tina Czybulka (alle Athleten hier)
>Erfolge: (hier klicken)
> Interessierte Sponsoren oder Athleten für das Bunert Running Team können hier Kontakt zum Team aufnehmen.
Stefan Faiß (18/19.03.2004)