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Von Mainstream, toten Fischen und Punkrock mit Blink 182

 

Wann war der Tag als Blink 182 - jene kalifornische Punkrockband, die mir meinen Eintritt in dieses Musikgenre ebnete - in der Münchner Olympiahalle rockte? Es war der 13. Februar diesen Jahres, sie gaben ihr erstes von zwei Konzerten in Deutschland. Ein klassischer Konzerttrip mit 2 Kumpels, bei dem man sich auf der Hinfahrt in einem Ford-Diesel schon mal alle Platten, der am Abend auftretenden Band, reinzieht. Dabei ließen Klassiker wie "Reckless Abandon" oder "Stay Together For The Kids" die Vorfreude auf abendliches Konzert steigen, live ist immer besser.
Übernachten sollten wir auch: In einer Jugendherberge, ganz genau die im Stadtteil Neuhausen. So ein Jugendherbergsaufenthalt eben, der so
Vergleiche wie "Zelle oder Zimmer?",  "Bett oder Gehege?", "billig oder billig gemacht?" dutzendweise hervorbringt. Stammen solche Zitate aber angeblich von verwöhnten Kindern , in Villen lebend und gewohnt in 3x4m großen Wasserbetten zu liegen. Ich aber sage, dass die "Juhe" in München, wie sie Stammbesucher nennen dürfen, die gediegenste Ablasse zu diesem Zwecke ist. 

Da könnte ich nun fortfahren, einen dieser hauptsache-geschrieben-aber-doch-von-nie-jemand-gelesenen-Berichte daraus machen. In diesem Tagebuchschema - will ich aber jetzt nicht, pflegt man als Punkrocker doch die Lebenseinstellung "Mach was du willst!". Also nieder mit dem Mainstream, es lebe das Motto "Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom" was, wie ich finde, ein sehr schöner Einstieg in die nun kommenden Zeilen darstellt. Wobei ein guter Punkrocker in diesem Augenblick sicher erst mal ein Becks gezischt hätte und seine baggy-getragene Jeans wieder genau soweit hochgezogen hätte, dass der Übergang zur Boxershorts, meist wird hier kariertes Design bevorzugt, etwa zum Eintritt des Ausgangs stattfindet. (Manche sagen auch ich erzwinge manchmal Wortspiele)

Ja, Punkrocker gab's auf dem 72er-Olympiagelände an diesem Freitagabend viele. Lauter autonome, pogobesessene Punkrocker. Bevorzugt natürlich jenes Fansegment in Band T-Shirt, Buggy-Jeans und Bier in der Hand - meist in alter Münchner Oktoberfesttradition, wie ein Maßkrug gehalten. So wurde die Olympiahalle belagert, strömten die Massen ins Innere der Arena. Wir taten das auch, vorbei an dem 28€-pro-T-Shirt Verkaufsstand einmal im Oval.

 
Soweit mal der erste Teil, muss ich doch den Punkrocksitten entsprechend, jetzt erst mal aufstehen, meine Jeans wieder in die Kniekehlen hochziehen und mich in kompletten Montur auf mein nicht vorhandenes Sofa schmeißen. Dort sägt man dann einen, wobei die abgescheuerte Stoffoberfläche für den autonomen Punkrocker kein Dorn im Auge darstellt. So holt Punkrocker den Schlaf nach, der bei nächtlichen Gelagen flöten ging. 


Man könnte sich jetzt fragen, ob der Stefan jetzt wirklich mit Band-Shirt und Baggy-Jeans auf einem nicht vorhandenen Sofa abchilled, oder nur kurz runter ist um sich was zu trinken zu holen, vielleicht ein Keks essen will.


Ich bin wieder da, war ehrlich gesagt eigentlich gar nicht weg. Nun aber weiter in der "blinkenden" Olympiahalle . Ja, ich beichte an dieser Stelle gerne, gliedere mich in die Reihe der Bei-der-Landung-Klatscher, Geisterfahrerausweicher, Luft-im-Reserverad-Prüfer oder eben Blink-182-Sitzkartenbesitzer ein. Punkrock lebt von Bewegung, von diesem Gemisch aus Mensch, Schweiß, Wasser, Bewegung und lauter Mucke. Geil zu sehen, wie Hunderte diesem Akt nachgehen. Zu den anderen gehörten wir; diejenigen die an jedem Zugang zum Innenraum sich eine
Eintrittsverweigerung bei einem Ordner abholten und immer auf diese Schalensitze verwiesen wurden: "Nein, sie haben hierfür keine Karte", "Weiß ich doch selber..."

Als wir dann auf unseren Sitzen platz nahmen, ging's auch schon los. Skurrile Wesen taten sich vor uns auf, noch gesittet formiert und langsam in Partylaune kommend, sollten sie gegen Ende des Konzerts den Vergleich zu einem Fußballmatch auftun. Egal, es wurde gefeiert, wir feierten mit - so gut das ging. Die Mucke war genial, die ganze Halle bebte, feierte. 

Und natürlich war ich der einzige, der mit einer dieser Steinzeitkameras hantierte, war die Generation der Digi-Cam-Shooter doch längst an mir vorbeigezogen. Gegen Mainstream eben. Sollte ich diesen Satz vielleicht doch lieber streichen, da ich gerade auf mein Nokia Fotohandy schaue? Nur der Beni ist einer der Wenigen, der das voll durchzieht: kein Handy, keine Digi-Cam - Respekt!


Das Konzert war trotz Sitz gigantisch, abgefahren und emotionsgeladen. So war das, wir saßen da und lauschten den Künstlern, bogen nach einer Nacht in der "Juhe" auf die Autobahn ein und fuhren gen Heimat. In diesem Sinne: Danke München, Danke Juhe-Zivis, Danke Blink 182, Danke für diesen abgefahrenen Trip. Und die Moral der Geschichte? Schreibe nur einen Bericht, wenn du wirklich davon überzeugt bist, dass er eine hat.   

Stefan Faiß (06.03.2004)

PS: Für BAUMANNS ERBEN werben bei Blink 182