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Hier werden Sie geheilt!

 

"Herzlich willkommen meine Damen und Herren, ich begrüße sie ganz herzlich bei Webtipps. Wir wollen ihnen helfen alltägliche Probleme mit dem geringsten und sichersten Aufwand zu lösen. Mit uns wird es ihnen nicht so gehen wie vielen anderen Menschen auf dieser Erde, mit uns werden sie ein optimales, ein perfektes Leben führen. Unser Ziel ist es das auszulöschen, was das Leben behindert, das wo der Arzt, der Heilpraktiker nicht helfen kann. Bei uns erhalten sie  sinnvollen und meist sehr einfachen Tipps, Menschen mit Erfahrung, Geheilte helfen ihnen.

Wie jedes mal, haben wir uns auch dieses Mal ein ganz spezielles Thema, ein Problem rausgesucht. Das Heutige beschäftigt sich mit einer Beschwerde, die viele Menschen quält. Sie haben es, und können sich einfach nicht davon befreien, sie leiden darunter, bewusst oder unbewusst, diesen Menschen wollen wir helfen, sie des Lasters entledigen, es entfernen. 

Hierzu haben wir, wie üblich auch einen Gast eingeladen, der uns seinen Weg auf den richtigen Pfad zeigen möchte. Er wird uns seine Erfahrungen seinen Heilungsweg aufzeigen. Durch unsere Methode wurde er geheilt, er hat es geschafft. Und wenn er das gepackt hat können Sie das erst recht. Auch er war befallen, befallen mit diesem Virus. Ab heute kann dies ein Ende haben.

Ich möchte, dass jeder weiß um was es geht, zu Beginn ein kleines Beispiel geben, wo sich der ein oder andere vielleicht wiederfinden wir. Greifen wir uns hierzu eine Situation aus dem alltäglichen Leben heraus, oder sagen wir zwei Situationen, um dem Verständnis noch etwas eher auf die Sprünge zu helfen.

Nehmen wir an, es ist der letzte Arbeits- bzw. Schultag. Sie können es kaum  erwarten das Weite zu suchen. Haben den Urlaub gebucht, eine schreckliche Zufriedenheit hat sich ihrer angenommen. Sie erfüllt sie mit quälender Glücklichkeit, diesem Gefühl, dass man vor Freude gleich zerplatzt, sie bekommen es nicht los. Und zu allem Überfluss wird ihr Körper auch noch von diesen gefährlichen Viren befallen, Endorphine heißen diese schreckhaften Hormone. Sie sind unaufhaltsam, wenn sie erst mal ausgetreten sind. Der Körper hat keine Chance sich dem immer schlimmer werdenden Glückszustand zu widersetzten. Lachen, Freundlichkeit und nach außen getragene Zufriedenheit sind die Anzeichen dieser, für unheilbar gehaltenen Krankheit. Auch der Sport, speziell der Fußball ist von diesem Übel befallen. Schaut sie euch doch an, wie sie sich vor Qualen kaum noch ruhig halten können. Der Infekt, hat ihren Körper erobert, sie sind ihm hilflos ausgeliefert. Sie Schreien, wedeln mit den Armen, ihre Münder, ihre Augen sind weit aufgerissen. Sie müssen sich gegenseitig halten, zu sehr setzen ihnen sie Schmerzen zu. Tore, Siege sind die gefährlichen Auslöser. Anstecken kann sich jeder, jeder kann in diesen bösen Bann gezogen werden. Wir bezeichnen diesen Virus auch  Freude.

Ein weiterer Fall von Lebensdeformierung liegt in dem nächsten Beispiel vor. Eine Mann im mittleren Alter schwebt mir vor Augen. Er ist gleichwohl befallen, von einer ähnlichen Art dieses Virussees. Es ist mehr eine ausgebildete Form des Erstgenannten. Er ist austrainiert, er ist "Top fit" um den allgemein üblichen Ausdruck dieser noch meist unbekannten Krankheit zu nennen. Sein fast täglicher Gang in die Infektionskammer Fitnessstudio lässt dem Körper keine Möglichkeit sich  wieder zu regenerieren. Kein Arzt, kein noch so guter Mediziner kann ihn erlösen, keiner kennt das Problem. Dieser Mann hat ein krankhaftes Fitnesslevel, sein Krankheitszustand lässt sich in 100 Liegestütze messen, die er auf den Boden bringt. Erschreckend hoch. Sein Körper ist so furchtbar fit, so gesund, einfach erschauernd wie wenig Probleme er mit seiner Gesundheit hat, er kann fast mühelos Rennen ohne jeden Anschein von diesem, als wohltuenden geltendem, Zustand der Erschöpfung. Er weiß nicht was ihm entgeht, er kann es nicht wissen, er ist befallen. Die ausgeweitete Form des Virussees wir oft als normal, als "fit" abgetan. Wie trügerisch doch dieses Wort ist. In Wirklichkeit ein Krankheit, die unsere Gesellschaft immer mehr überschwämmt.

Wir von Webtipps, haben uns deshalb sehr intensiv mit diesem Problem beschäftigt, zahlreiche Beobachtungen und Forschungen haben uns dabei weitergeholfen. Und einer, der diese Erfahrung selbst erlebt hat, ist heute hier. Er ist auch Sportler, was schon zeigt, dass er noch nicht ganz geheilt ist. Doch er ist bereits einem, wenn auch nur kurzen aber dafür geheiltem Zustand, unterlegen. Und seit dem weiß er, was er eigentlich erreichen will. Ein Leben in diesem Zustand, in wohltuender Erschöpfung, erfüllender Traurigkeit, ja einfach ohne Freude, ohne Einschränkung jegliches Positiven. Dieser, ja man kann noch Junge zu ihm sagen, will nicht genannt werden. Nennen wir in mal Herr F.

Herr F. erst einmal Danke, dass sie uns mit Rat und Tat zur Seite stehen, dass sie heute bei uns sind. Wie ich schon gesagt habe, sind sie noch nicht ganz geheilt, sie sind nämlich noch mit der Krankheit Sport infiziert, speziell dem Infekt Laufen. Herr F. lassen sie unser Publikum doch kurz  in ihr, ja bis dato angeblich gesundem Leben, blicken."

Herr F. :" Gerne, ich will Ihnen erzählen, wie das war mit der Krankheit und dem Heilungsprozess. Also es war im Sommer, dem Monat, der die höchste Gefahr des Ansteckens birgt. Oft sind die Menschen glücklich und zufrieden, das schöne Wetter wirkt sehr ansteckend. Mir ging es genau so, es war grauenhaft. Die ganze Zeit Spaß, Freude, ich hatte schon Albträume davon. Na jedenfalls war es eine Woche im Juni, welche mir zu Besserung verholfen hat. Täglich bin ich laufen gegangen, ich hab laufen gewollt, ich war bereits, was ich noch nicht wusste, infiziert. Mein Körper musste zahlreiche Endorphinattacken überstehen, unzählige Glücksgefühle ertragen. Die Schmerzen waren ernorm, ich konnte nur noch laufen. Mein Krankheitszustand wurde hier jedoch nicht mit Liegestützen gemessen, geschweige denn mit einem Thermometer, nein die gelaufenen Kilometer waren das "Freudenfieber". Mitte der Woche hatte ich schon 50km, Tendenz steigend. Ich fühlte mich so schrecklich wohl, ich konnte nicht anders, ich musste schneller laufen, ich lief einen Wettkampf. Einen Stadtlauf mit einer Länge von etwa 7,5 Kilometern. Und es wurde nicht besser, ich schwebte auf dieser verdammten Wolke sieben, ich konnte vor Zufriedenheit kaum still sitzen. Ich musste mehr, ich musste weiter laufen. Das Fieber war bereits bei 80 km angelangt, es blieb einfach nicht stehen. Nächster Morgen, nächster Lauf, nächster Versuch das Hochgefühl zu unterbinden, nächster Versuch die Fitness zu senken, auszuschalten. Eine Stunde hetzte ich durch den Wald. Die Krankheit ließ nicht locker. Immer mehr setzte mir der Virus zu. Beim Stadtlauf musste ich mir einen noch stärkeren eingefangen haben. Dieser erste Platz in der Altersklasse, musste der erneute Auslöser gewesen sein. Das nächste mal würde ich aufpassen und mich nicht noch einmal in diese Gefahr begeben. Es war bereits Sonntag. 90 Kilometer, der Gesundheitszustand war kritisch, es musste ein letzter Versuch gestartet werden. Was heißt es musste, ich wurde durch den Virus dazu getrieben. Ich fühlte mich so schrecklich gut, ich wollte dieses drängende Gefühl endlich loswerden.

 

 

 

 

 

 

 

Infektionsgefahr besonders hoch!!

Ich lief am Morgen einen Halbmarathon. Die vielen Mitstreiter/-innen hatten mich noch ein weiteres mal infiziert. Mein Körper musste jetzt aus Endorphinen bestehen, sie flossen in meinen Adern. "Oh Gott ich sterbe vor Glück, ich sterbe vor Spaß!" Der krankheitsbestimmende Umfang stieg auf kritische 100 an. Man war ich zufrieden, es gibt kein schlimmeres Gefühl, ich war so ekelhaft zufrieden. Nein ich hatte wohl den Hochpunkt der Krankheit erreicht. Schlimmer konnte es nicht mehr kommen. Mein Körper verlangte am nächsten Tag noch eine 1000m Note in der Schule.  Langsam spürte ich Besserung. Eine wohltuende Erkältung überkam meinen Körper, endlich Schwäche, doch nicht genug, 1000m wurden gelaufen. Im Ziel: Jaaaaa, es geht doch, so herrlich beschissen hab ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Ich war endlich nicht mehr fit, nicht mehr von Zufriedenheit erfüllt. Ich hatte endlich Kopf-  und Halsschmerzen, ja ich habe meinen Körper geheilt, habe ihn erlöst. Das "Fieber" blieb in dieser Woche bei 4 Kilometern. Mein Körper wurde am Tag darauf warm, so etwa 38°C, ein Anzeichen, dass es dem Körper wieder gut ging. Herrlich, ich war so was von  geheilt, ich war von sämtlichen Schmerzen beglückt worden, ich hatte den optimalen Zustand erreicht. Jetzt wusste ich, was ich in den Tagen zuvor gelitten hatte, jetzt wusste ich was es heißt, im optimalen zustand zu sein. Es waren zwar nur 1,5 Wochen, in denen ich die Krankheit los war, aber ich war geheilt, weiß jetzt was ich anstrebe. Und ich kann ihnen das nur empfehlen. Mittlerweile hänge zwar wieder bei ernstzunehmenden 70 Kilometern, aber der Gedanke an Kraft- und Freudlosigkeit treibt mich voran."

"Danke Herr F., sehr interessant, was sie unserem Publikum hier erzählen. Ich denke, lieber Zuhörer, damit wären auch  bei ihnen die letzte Zweifel ausgeräumt. Herr F. hat es geholfen, er wird weiterhin darauf hinarbeiten, wird versuchen sich zu heilen.

Zur  Empfehlung, wie sie einer Infektion entgehen können, kann ich nun noch ein paar Tipps geben.

1. Meiden Sie jegliche zur Unterhaltung dienenden Gebäude. Kein Kino, kein Schwimmbad, und erst recht keine Diskos, welche  als  besonders gefährlich einzustufen sind.

2. Medien, die der Erheiterung dienen sollten ebenfalls unter allen Umständen gemieden werden. Ich nenne hier nur Comics, Fernsehkomödien oder Radiosketche.

3. Veranstaltungen derer sehr viele Zuschauer angehören, sind ebenfalls  eine potentielle Gefahr um diese Krankheit zu bekommen. Fußballstadien, Volksläufe oder Musikveranstaltungen sollten aus diesem Grund gemieden werden.

4. Lassen die sich nicht von Leuten verlocken, die bereits als unheilbar einzustufen sind. Sie versuchen das Publikum in riesige Hallen zu ziehen, um es dort zu infizieren. Diesen, meist einzelnen, Menschen ist jedes Mittel recht. Also Obacht vor Otto, Rüdiger Hoffmann, Michael Mittermeier, Stefan Raab und wie sie alle heißen.

5. Meiden Sie zu viel Kontakt mit anderen Menschen, bleiben Sie alleine, dann besteht keine all zu große Gefahr. 

Wenn es nun diese Punkte befolgen, sollte der Virus irgendwann ausgerottet sein. Jeder muss mitmachen, jeder muss geheilt werden, der infiziert ist. Freude und Fitness sind die größten Gefahren des 21. Jahrhunderts. Die größten der Gesellschaft. Diese Worte sollten sie sich einprägen, diese Worte und die 5 Gebote sollten die Regeln, ihres weiteren Lebens sein. Und sollten sie trotz aller Vorsicht doch einmal erwischt werden, folgen sie dem Beispiel von Herr F. und ziehen Sie die 5 Gebote mit noch mehr Sorgfalt durch. Ich wünsche ihnen viel Glück.

Womit wir auch schon wieder am Ende unsrer Sendung angelangt wären. Ich hoffe es hat sie wenigstens ein wenig traurig gemacht, ihnen ein wenig Kopfschmerzen bereitet. Auf alle Fälle vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit, danke Herr F. , danke liebes Publikum, bis zum nächsten Mal, wenn es wieder heißt: Teletipps - Hier werden Sie geheilt. Für Freudenanfälle benutzen Sie bitte die Depressionsstudios gleich am Ausgang rechts. Guten Abend."

 

Anmerkung: Vielleicht hab ich mich bei meinem ersten Versuch eine Satire zu schreiben etwas vergriffen. Über Meinungen wäre ich sehr dankbar. Danke

Einen Link zu dieser Kolumne findest du auch auf www.laufen-aktuell.de

Stefan Faiß (18.07.2002)

 

Zitate, die mir dazu passend erscheinen (ich liebe Zitate ;)

 

Das Gefühl der Gesundheit erwirbt man durch Krankheit.
Autor: Georg Christoph Lichtenberg (1742-99), dt. Aphoristiker u. Physiker

 

Wer keine Freude an der Welt hat, an dem hat die Welt auch keine Freude.
Autor: Berthold Auerbach (1812-82), dt. Schriftsteller

 

Freude, mein Lieber, ist die Medizin dieses Lebens! Ich freue mich, wenn ich Gutes von anderen höre, wenn irgend jemand auf unserer traurigen Erde glücklich ist, ja selbst, wenn mein Hund mit dem Schwanz wedelt und die Katzen in irgendeiner Ecke zufrieden schnurren.
Autor: Ernest Hemingway (1899-1961), amerik. Erzähler

 

Wer glaubt, keine Zeit für körperliche Fitness zu haben, wird früher oder später Zeit zum Kranksein haben müssen.

Unbekannt