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Sind die Grenzen schon erreicht?

 

Dem Feld enteilt. Nur noch Tempomacher laufen an seiner Seite. Mit schmerzverzehrten Gesichtern geben sie noch einmal alles um den Zeitplan einzuhalten. Erst 4, dann 3 , dann 2 bis sich nur noch einer vor ihn spannt. Ausgepumpt, einer nach dem anderen steigen die "Hasen" aus dem Rennen. Die letzten Meter gehören nun ihm, dem Star. Er hat es nun in seiner Hand einen neuen Weltrekord aufzustellen. Manager, Trainer brüllen ihm die Zwischenzeiten durch. Er weiß, dass es reichen kann. Das Publikum verwandelt das Stadion in einen Hexenkessel. Tosender Applaus, fanatische Fans bereiten ihm den Weg. Alles ist perfekt. Die letzte Kurve, noch einmal werden die letzten Kräfte mobilisiert. Mit aufgerissenen Augen im Hagel eines Blitzlichtgewitters überquert er die Ziellinie. Ein Blick auf die Anzeigentafel und der Jubel kennt keine Grenzen. Er hat die Strecke so schnell wie kein Mensch vor ihm bewältigt. Eine außergewöhnliche Leistung.

So habe ich jene irrsinnigen Weltrekordjagden aus den mittleren 90er Jahren in Erinnerung. Die 3000m, 5000m und die 10000m waren die Strecken auf denen sich jene Zenarien abspielten. Fast jede Woche stand eine neue Bestmarke in den Schlagzeilen. Es schien schon fast selbstverständlich zu sein, dass ein neuer Weltrekord heraussprang,, wenn die großen Rennen in Brüssel, Zürich oder Oslo gestartet wurden.

Paul Tergat (Nr.17) und  Daniel Komen (vorn) auf kenianischer Seite sowie Haile Gebrselassie (Nr. 75) auf äthiopischer Seite waren die Hauptakteure. Sie liefen Zeiten die bis heute nicht mehr annähernd erreicht wurden. Paul Tergat und Haile Gebrselassie haben sich mittlerweile auf den Marathon verlagert und Daniel Komen ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Zu sehr haben sich diese Weltrekordjagden an seiner Substanz zu schaffen gemacht.   

Die letzten Jahre haben gezeigt, von welcher Qualität die Zeiten sind die sie am Ende stehen hatten. Doch was ist der Grund dafür, dass wir in den letzten Jahren  Weltrekorde auf den Langstrecken vermisst haben. Vielleicht ließen Olympia und Weltmeisterschaften keine schnellen Rennen zu, störten die Vorbereitung auf die großen Events. Doch diese Problematik gab es auch schon Früher und  lässt sich somit ausschließen.

Sind womöglich die Grenzen auf diesen schweren Stecken schon erreicht. Ist der menschliche Körper zu keiner Steigerung mehr möglich. Irgendwann muss es ja eine Ende geben. Schauen wir uns zum Beispiel einen Gebrselassie an. Klein gewachsen, leicht gebaut, relativ lange Beine. Er kommt schon sehr nahe an den perfekten Langstreckenläufer heran. Dazu noch sein eleganter Laufstil. Viel  ist aus physischer Sicht nicht auszusetzen. Komen und Tergat scheinen ebenfalls wie geboren für das Laufen. Wenn man also wieder an solche Zeiten anknüpfen will muss man den Hebel in der Trainingslehre ansetzten. Neue Methoden entwickeln.

Oder spielt sogar das immer dichter werdende Dopingkontrollsystem einen Rolle? Kaum ein Athlet in der Weltspitze kann sich noch den unangemeldeten Dopingkontrollen entziehen. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, dass nicht einmal einer dieser Wunderläufer jemals mir illegalen Mitteln nachgeholfen hat. Zu oft wurden sie auch schon damals kontrolliert. Und bis heute ist noch kein kenianischer oder äthiopischer Dopingfall bekannt. Es gab in den letzten Jahren aber Versuche mit illegale Mittel wieder an diese Irrsinnigen  Zeiten heranzukommen. Erst letztes Jahr wurde der als neuer Wunderläufer geltende Ali Said Sief des Dopings überführt. Einer der den Weltrekord über 5000m mit legalen Mitteln  nicht mehr für erreichbar hielt? 

Wenn wir uns überlegen das der aktuelle Weltrekord über 10000m bei 26:22 min liegt und die jetzige Weltspitze  "Mühe" hat unter 27:00 min zu bleiben, dann kann man davon ausgehen, dass es womöglich  Jahre dauern wird bis ähnliche Zeiten erzielt werden können. Alleine mit der Durchgangszeit von 13:11 min bei 5000m wäre man in der Weltspitze dabei. 

Es bleibt also abzuwarten ob die Zukunft ähnliche Leistungen mit sich bringt Ohne Doping versteht sich. Und wenn nicht, dann wird man wohl auch noch in vielen Jahren von jenen 3 Afrikanern sprechen, die so unglaubliche Zeiten auf den Langstrecken liefen, dass sie auch noch dann bestand haben werden. Zumindest so lange bis Roboter den Menschen auf der Laufbahn abgelöst haben. Oder ist das schon längst geschehen?

 

Anhang: Weltrekorde und Weltjahresbestleistungen von 2001

Strecke Weltrekord Athlet / Jahr Weltjahresbestleistung 2001 Athlet
3000m 7:20,67 Daniel Komen (KEN) / 1996 7:30,53 Hailu Mekonnen (ETH)
5000m 12:39,36 Haile Gebrselassie (ETH) / 1998 12:56,72 Richard Limo (KEN)
10000m 26:22,75 Haile Gebrselassie (ETH) / 1998 27:04,20 Abraham Chebii (KEN)

 

Stefan Faiß (03.03.2002)